09.11.2003 – Aktueller Sachstandsbericht

zur Planung der B 1n/Ortsumgehung Istrup Situation vor Ort

Seit mehr als 20 Jahren engagieren sich Istruper Bürger/innen gegen den Bau der Nordumgehung von Istrup, zunächst geplant als L 712n. Mit Wiederaufleben der öffentlichen Diskussion um das Projekt ( jetzt geplant als B 1n im Rahmen des sog. „Netzkonzeptes Ostlippe“) im Jahre 1998 übernahm es die Bürgerinitiative „Initiativkreis Ortsumgehung Istrup“ sozusagen in zweiter Generation, die Proteste gegen das Straßenbauvorhaben zu bündeln und zu artikulieren.

Das Planungsverfahren befindet sich im Stadium der Linienbestimmung. Die vom Planungsträger, dem Landesbetrieb Straßen.NRW. favorisierte Vorplanungslinie Ia, eine ortsnahe Nordumgehung der Ortschaft, wurde der Bevölkerung 1998 als eine von insgesamt sieben Trassenvarianten im Norden und Süden von Istrup vorgestellt. Während die Vorplanungslinie Ia direkt am nördlichen Siedlungsrand (Wohnbebauung) in Troglage den Südwesthang des Waldgebietes „Hurn“ durchquert und im Bereich der Splittersiedlung „Jerusalem“ auf die Wohngebäude zweier bewirtschafteter Höfe trifft, nähme eine ortsfernere Nordumgehungsvariante ebenfalls in Troglage den Buchenaltholzbestand des „Hurn“ in Anspruch.
Die Südvarianten, außerhalb der Splittersiedlung „Jerusalem“ in unterschiedlichem Maß allesamt ortsferner als die Vorplanungslinie, kreuzen zweimal das Feuchtbiotop „Hainbach/Hainbachtal“.

Angesichts masssiver Bürgerproteste gegen die favorisierte Vorplanungslinie auf einer von Straßen.NRW. veranstalteten Bürgerversammlung in Istrup Mitte 1998 forderte der Rat der Stadt Blomberg den Landesbetrieb auf, eine von den Bürgern angeregte neue ortsferne Trassenvariante im Süden von Istrup zu prüfen, die sog. „Siebenhöfen“-Variante. Diese sollte Istrup von Westen kommend ortsfern südlich umgehen und sodann bei der Flur „Siebenhöfen“ auf der Linie bereits vorhandener Wirtschaftswege zwischen den Ackerflächen ohne nochmalige Kreuzung der Hainbachaue und in deutlichem Abstand zu der Splittersiedlung „Jerusalem“ direkt in die bestehende B1 einschwenken. Bereits nach Durchführung einer Verkehrsuntersuchung für zwei Modifikationen der „Siebenhöfen“-Variante verwarf Straßen.NRW. diesen Planungsansatz wieder, da für die Strecke in einem Teilabschnitt nicht die für den Bau einer Bundesstraße erforderliche Auslastung errechnet wurde. Außerdem prognostizierte Straßen.NRW. für die „Siebenhöfen“-Variante Kosten in Höhe von 23,8 bzw. 25,3 Mio.€, die die Kosten der deutlich billigeren Lösung ( 12,5 Mio. €) im Norden von Istrup weit überstiegen.

Stattdessen präsentierte man nunmehr eine sog. „erweiterte Vorplanungslinie“, die die von Straßen.NRW. schon bisher favorisierte ortsnahe Nordumgehung lediglich dahingehend modifizierte, dass diese im Bereich der Splittersiedlung „Jerusalem“ jetzt direkt hinter den (ursprünglich überplanten) Hofstel-len verlaufen sollte. Die Bürgerproteste hielten an, im Rahmen einer Unterschriftensammlung des Initiativkreises hatten sich zuvor bereits 450 Istruper/innen gegen die ortsnahe Nordumgehung ausgesprochen. Ein eigens zu dieser Frage von der Stadt Blomberg eingerichteter und finanzierter Runder Tisch, sowie der Dorfausschuß Istrup kamen übereinstimmend zu dem (Zwischen-) Ergebnis, dass allenfalls eine ortsferne Trassenführung der geplanten Ortsumgehung im Interesse der Gesamtbevölkerung von Istrup sein könne. Die weiteren Diskussionen am Runden Tisch wurden unterbrochen, als bekannt wurde, dass das Waldgebiet „Hurn“ inklusive der für die Nordvarianten benötigten Waldflächen als sog. „FFH-Gebiet“ nach der EU-Richtlinie 92/43/EWG zur Europäischen Union gemeldet werden sollte.

Die Stadt Blomberg, der Kreis Lippe und der Regionalrat bei der Bezirksregierung Detmold intervenierten daraufhin gegen die FFH-Gebietsausweisung der Flächen wegen Kollision mit straßenplanerischen Interessen politisch und erzielten einen Teilerfolg dahingehend, dass der für die ortsnahe Vorplanungslinie benötigte Waldstreifen bis auf zwei kleine Teilflächen wieder aus der Gebietskulisse des Meldegebietes herausgenommen wurde. Der unmittelbar anschließende Buchenaltholzbestand, durch den die ortsferne Nordvariante trassiert war, blieb zu meldendes FFH-Gebiet.

Der Planungsträger Straßen.NRW. hatte nunmehr die Planungsvarianten der Ortsumgehung Istrup auf ihre sog. FFH-Verträglichkeit nach Art. 6 Abs. 3 der FFH- Richtlinie hin zu bewerten. Die ortsferne Nordvariante wurde wegen der großflächigen Inanspruchnahme des Buchenaltholzbestandes des Hurn ohne Detailprüfung als FFH-unverträglich eingestuft. Für die direkt daneben liegende ortsnahe Vorplanungslinie wurde eine FFH-Vertäglichkeitsuntersuchung durchgeführt. Diese kam zu dem Ergebnis, dass die für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungsziele durch das Straßenbauvorhaben nicht erheblich be-einträchtigt werden. Alle Südvarianten wurden wegen ihres Abstandes zum Waldgebiet ohne Prüfung als FFH-verträglich klassifiziert.

Die Bürgerinitiative ist der Ansicht, dass die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung insbesondere in puncto Sorgfalt bei der Erfassung von Basisdaten (z.B. Tier-artenvorkommen, hydrogeologische Grunddaten) und Untersuchungstiefe den nach der FFH-Richtlinie an sie zu stellenden Anforderungen nicht genügt und zu einem falschen Ergebnis kommt. Sie hat daher selbst externe Gutachter mit Vegetationsuntersuchungen und faunistischen Erfassungen beauftragt und entsprechende Expertisen vorgelegt. Darüberhinaus vertritt sie die Auffassung, dass die von straßenplanerischen Belangen motivierte Rücknahme der zunächst zutreffend gewählten FFH-Gebietsgrenze nach der FFH-Richtlinie nicht zulässig war, und es sich daher bei dem ortsnah überplanten Wald-streifen um potentielles FFH-Gebiet handelt.

Der Landesbetrieb Straßen.NRW. wird nun im November 2003 nochmals eine Bürgerversammlung vor Ort durchführen, um der Istruper Bevölkerung den gegenwärtigen Planungsstand und die Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung zu präsentieren.

Die Stadt Blomberg hat sich offiziell bisher für keine der Trassenvarianten entschieden. Als Folge der massiven Proteste der Istruper Bevölkerung gegen eine ortsnahe Nordumgehung, die sich bis in das Jahr 1982 zurückverfolgen lassen und heute nicht minder aktuell sind, wurde den Bürgern von Istrup jedoch ein Mitspracherecht bei der Trassenauswahl in Form eine systematischen Bürgerbefragung zugesichert. Ob sich die Istruper Bevölkerung mehr-heitlich überhaupt für eine Ortsumgehung aussprechen wird und welche Trassenvariante sie gegebenenfalls favorisieren würde, vermag heute niemand zu beurteilen. Der Kreistag Lippe hatte sich bereits 1998 -vor Wiederaufflammen der -Bürgerproteste- für die von Straßen.NRW. (damals noch WSBA Bielefeld) favorisierte ortsnahe Nordumgehung von Istrup entschieden. Es gibt aus politischen Kreisen jedoch Signale, dass der Kreis Lippe nicht gegen den Willen der Stadt Blomberg an dieser Entscheidung festhalten wird.

Straßen.NRW. drängt Politik und über Presseveröffentlichungen auch die Bevölkerung, sich jetzt schnell für die erweiterte Vorplanungslinie ortsnah im Norden zu entscheiden, da angesichts leerer Kassen nur so der Bau einer Ortsumgehung überhaupt sichergestellt werden könne. Im Entwurf des neuen Bundesverkehrswegeplanes 2015 ist die B 1n/Orts-umgehung Istrup als Teil einer Gesamtmaßnahme gebildet aus den Ortsumgehungen B 66 Barntrup,B 66 Barntrup-Selbeck, B 1 Blomberg-Istrup und B 1 Blomberg-Herrentrup im vordringlichen Bedarf enthalten.

Die Bürgerinitiative kündigt nicht nur erbitterten Widerstand für die kommenden (Planungs-) Jahre an, sondern verweist auch darauf, dass sie wegen der bestehenden Konflikte mit einem FFH-Gebiet den Klageweg – notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof – einschlagen wird. Sie fordert dringend dazu auf, die FFH-Verträglichkeitsuntersuchung richtlinienkonform zu überarbeiten und mit der gebotenen Sorgfalt den von ihr bereits gelieferten Nachweisen von Vorkommen mehrerer geschützter Arten (Arten der roten Listen, VogelschutzRL und FFH-RL Anh. II und IV) auf und an der Vorplanungslinie nachzugehen. Sie hält die Frage der Linienbestimmung für gegenwärtig nicht entscheidungsreif, da zu wesentlichen Aussagen der FFH-Verträglichkeitsstudie ein Gegenbeweis bereits erbracht wurde und gravierende Informationsdefizite nachgewiesen worden sind. Die hiesige Politik zieht es vor, auf Basis des status quo eine Bürgerversammlung durchzuführen.